junge Frau rauft sich die Haare

Das Chaos beginnt oft nicht dort, wo man es vermutet

Wenn du schon einmal in einem größeren Produktionsprozess involviert warst – sei es bei einem aufwendigen Satz-Projekt oder einer Template-Umsetzung –, kennst du das Phänomen: Am Anfang scheint alles klar, die Abläufe sind definiert, der Zeitplan steht. Und dann kommt es doch anders: Änderungen hier, Korrekturen dort, fehlende Daten, neue Ideen mitten im laufenden Prozess. Auf einmal explodiert der Aufwand, und mein ursprünglich gut durchgeplantes Projekt wird zu einer endlosen Baustelle: Fehlende Absprachen, inkonsequente Prozesse oder verspätete Korrekturen führen dazu, dass das Produktionsziel ins Wanken gerät.

Warum Agenturen nicht immer ursächlich verantwortlich sind

Doch das Problem liegt oft nicht bei meinem direkten Auftraggeber selbst. Während ich für Agenturen oder Unternehmen arbeite, stehen diese wiederum vor der Herausforderung, ihre eigene (interne oder externe) Kundschaft zu managen – und genau dort entstehen oft die Probleme.

Ein Beispiel aus eigener Erfahrung sind die wunderschönen Projekte für Museen, an denen ich mitwirken darf. Hier haben es meine Auftraggeber mit Wissenschaftlern, Kuratoren und öffentlichen Institutionen zu tun. In diesen Strukturen geht es aber oftmals weniger um Effizienz – dafür um Hierarchien, akademische Bräuche und "politische" Befindlichkeiten: Wer darf wie viel Text unterbringen? Welche Abteilung muss noch einmal drüberschauen? Und gerne werden bereits fertige Inhalte immer wieder aufgerollt, weil doch noch eine Änderung von Person X kam, die unbedingt berücksichtigt werden muss.

„Nur eine kleine Änderung“ – der gefährlichste Satz in der Produktion

Ein weiteres Problem ist die Wahrnehmung des effektiven Aufwandes von Korrekturen. Eine "kleine Änderung" ist in der Praxis oft weit mehr als das – sie kann eine ganze Kettenreaktion auslösen. Zwar mag die eigentliche Korrektur geringfügig sein, doch der Kunde sieht nur das Endergebnis und unterschätzt den damit verbundenen Mehraufwand.

Noch kritischer ist der mentale Faktor: Ist ein Arbeitsschritt einmal abgeschlossen, legt man ihn gedanklich ab. Eine nachträgliche Änderung erfordert jedoch, ihn erneut anzufassen – und zwar dann oft nicht mit derselben Sorgfalt wie beim ersten Durchgang. Der Grund dürfte sein, dass man diesen Vorgang gedanklich bereits als erledigt eingestuft hat und sich innerlich schon neuen Aufgaben zugewandt hat. Genau hier entstehen die meisten Fehler.

Wie oft habe ich am eigenen Leib erlebt, dass bei solchen nachträglichen Änderungen eine "Gurke" ins Dokument gerutscht ist, die am Ende niemand mehr bemerkt hat – und die deshalb so in den Druck ging?

Warum stringente Prozesse das beste Mittel wären – aber kaum jemand sie durchzieht

Theoretisch wäre die Lösung ganz einfach:

Klare Regeln für den Ablauf definieren. Jeder Prozess braucht eine klare Struktur. Wann und wie werden Inhalte geliefert? Wie viele Korrekturschleifen sind vorgesehen? Wer hat das letzte Wort bei Freigaben? Bis wann müssen diese vorliegen? Wenn diese Dinge nicht von Anfang an feststehen, ist es fast unvermeidlich, dass Projekte ins Straucheln geraten. Ein klar definierter Ablauf spart nicht nur Zeit, sondern schützt alle Beteiligten vor endlosen Rückfragen und unnötigen Verzögerungen.

Verbindlichkeit schaffen. Zu oft sind Prozesse offen und dehnbar. Oder es gibt zwar eine harte Deadline, wie eine Ausstellungseröffnung oder eine Messe, doch das hält die Endkunden nicht davon ab, bis zur letzten Sekunde Änderungen und Korrekturen einfließen lassen zu wollen. Am Ende liegt es dann an der Agentur, der Druckerei  – und letztlich auch an mir –, diesen Druck abzufangen und gleichzeitig eine fehlerfreie Produktion sicherzustellen. Stress und oftmals auch zusätzlicher Aufwand sind häufig die Folge. Eine gute Regel wäre: Sobald die vereinbarte Anzahl an Korrekturschleifen abgeschlossen ist, gilt das Dokument als final. Punkt. Das sorgt auf Kundenseite dafür, diese besser zu organisieren.

Der vielleicht größte Stolperstein in jedem Projekt: Ausnahmen. „Eigentlich machen wir das ja sonst nicht, aber nur dieses eine Mal…“ – ein Satz, der jedes gut durchdachte System ins Wanken bringt. Denn in der Praxis bleibt es selten bei einem einmaligen Entgegenkommen. Das Problem liegt nicht nur in der zusätzlichen Arbeit, sondern vor allem in der Erwartungshaltung auf Kundenseite, die dadurch entsteht. Wenn einmal eine Last-Minute-Änderung durchgewunken wurde, wird es beim nächsten Mal als selbstverständlich vorausgesetzt – und auf einmal sind die ursprünglich festgelegten Prozesse wertlos.

Das Dilemma: Natürlich kann man zum Kunden nicht knallhart „Nein“ sagen, schließlich lebt jede Zusammenarbeit von Flexibilität und Kompromissen. Doch genau diese Gratwanderung macht es so schwierig. Denn sobald ein Prozess nicht mehr konsequent durchgezogen wird, verwässert er sich schleichend – mit der Folge, dass Projekte immer ineffizienter, teurer und fehleranfälliger werden.

Strikte Prozesse bedeuten nicht, unflexibel zu sein. Sie schaffen eine stabile Basis, von der man im Ausnahmefall bewusst abweichen kann – anstatt jedes Mal ins Chaos zu rutschen.

Fazit: Struktur spart mehr Ressourcen als Geschwindigkeit

Viele denken, der beste Weg sei, alles möglichst schnell und immer sofort umzusetzen. Doch das eigentliche Erfolgsgeheimnis liegt nicht in der Reaktionsgeschwindigkeit, sondern in der Projektstruktur. Wer von Anfang an saubere Prozesse hat und sie konsequent anwendet, verhindert unnötige Schleifen, spart Kosten und liefert am Ende das bessere Ergebnis – ohne dass ein Projekt unnötig ausufert. Dass das auch immer im Sinne des Kunden ist, versteht sich von selbst.

Und genau hier trennt sich die Spreu vom Weizen: Wer seinen Kunden gut führt, statt sich treiben zu lassen, arbeitet effizienter, professioneller und erfolgreicher.

Wenn du Projekte mit klaren Abläufen und festen Strukturen umsetzen möchtest, sollten wir sprechen. Melde dich gerne bei mir!

Published On: 10. März 2025